Radiowecker gegen Elektroauto – was strahlt mehr?

by | Mrz 3, 2023

Titelbild: Elektroauto gegen Radiowecker

Welchen Strahlen sind wir im Alltag eigentlich ausgesetzt?

Diese Frage stellen sich viele und die Antworten dazu kann man sich auch gleich nach eigenem Gusto zusammensuchen. Sogar der schweizerische Nationalrat musste sich schon mit der Frage nach der Strahlenbelastung durch Elektroautos befassen (Interpellation 19.4346).

Ich habe mir also einen Spektrumanalysator mit Feldsonde unter den Arm genommen und ein paar Quellen elektromagnetischer Felder in meinem Alltag ausgemessen.

Eines vorweg: Die 2 grössten Feldschleudern traf ich in der Küche und im Büro – allerdings an unvermuteten Stellen …

Übersichtsdiagramm mit Messwerten

Grundlegend unterscheiden wir zwischen hochfrequenter Strahlung, wie sie in der mobilen Datenkommunikation verwendet wird, und niederfrequenter Strahlung, wie sie jeder elektrische Verbraucher und jedes Kabel erzeugt.

Elektrisch, magnetisch, elektromagnetisch, Strahlung, Wellen?

Was hat es eigentlich mit diesen Begriffen auf sich?

Kurz gefasst: Auch ein ausgeschalteter Verbraucher oder eine unbenutzte Steckdose steht unter Spannung. Es besteht ein elektrisches Feld. Dieses wird von unserer Haut als sogenannter Faraday’scher Käfig stark abgeschirmt und deshalb weniger beachtet.

Wird der Haarföhn eingeschaltet, fliesst ein hoher Strom und es entsteht ein magnetisches Feld, welches uns durchdringt.

Ist die Frequenz relativ hoch, fangen diese zwei Felder an, zusammenzuwirken und Energie wird in den Raum abgestrahlt, was dann auch zum Begriff der Wellen führt.

Der Begriff Strahlung wird somit häufig für hohe Frequenzen gebraucht, was aber nicht per Definition so ist.

Hochfrequent

Wandtafel Sinus

Je höher die Frequenz, also je schneller ein Elektromagnetisches Feld seine Polarität ändert, desto weniger weit kann es in unseren Körper dringen. Die Strahlen werden von den äusseren Gewebeschichten in Wärme umgewandelt.

Allerdings ist auch die in der Strahlung enthaltene Energie höher, was zusätzlich biologische Folgen haben kann. Die Diskussion fokussiert sich in diesem Bereich dann vor allem auf die Mobiltelefone.

Niederfrequent

Dieser Beitrag dreht sich um die Niederfrequenz. Dies, weil darüber viel weniger geschrieben wird, obwohl wir alle betroffen sind. Niederfrequente magnetische Felder durchdringen unsere Häuser und Körper praktisch ungehindert. Wenn sie das tun, werden in unserem elektrisch leitenden Körper (Wasser & Salz) Spannungen induziert, die wiederum zu elektrischen Strömen führen.

Unser Nervensystem

Nervensystem

Da unser Nervensystem ebenfalls durch elektrische Impulse gesteuert wird, gibt es einen Konkurrenzkampf. Logisch.

Es ist wie beim Licht: Je mehr uns eine Lampe blendet, desto weniger können wir das sehen, was wir eigentlich wollen. Irgendwann müssen wir die Augen schliessen und irgendwann würden sie geschädigt.

Es ist also alles – wie so oft – eine Frage des Masses. So landen wir einmal mehr bei der Wichtigkeit sinnvoller Grenzwerte.

Grenzwerte

Weil also die Frequenz einen grossen Einfluss darauf hat, wie die Strahlung auf uns wirkt, muss sie auch in den Grenzwerten berücksichtigt werden. Es bringt nicht viel, von Mikroteslas und Volt pro Meter zu sprechen, wenn wir die Frequenz nicht mitberücksichtigen. Eine gängige Methode ist deshalb die, dass man den Messwert nicht absolut angibt, sondern in Prozent eines Grenzwertes.

Nur welchen nehmen wir?

TCO99 Symbol

Die gesetzlichen Grenzwerte, welche uns vor unmittelbaren Auswirkungen schützen sollen, wurden in all meinen Messungen bei Weitem eingehalten.

Auf der sicheren Seite ist man mit dem Gütesiegel TCO99 für Computerarbeitsplätze. Dieses schreibt eine Obergrenze von 200 nT im Frequenzbereich 5-2000 Hz vor. Gemessen wird in 30 oder 50 cm Abstand. Auch ein breit angewandter Referenzwert ist derjenige aus dem Minergie-A Standard von 400 nT.

Messwerte verglichen mit dem TCO99 Gütesiegel für Computerarbeitsplätze

Detailliertes Messdiagramm

Wenn man bedenkt, dass eines der wenigen unbestrittenen Forschungsresultate zeigt, dass die Leukämie im Kindesalter im Bereich von 50m einer Hochspannungsleitung um 1.5-3x zunimmt, dann dürften einige meiner Messresultate doch sehr nachdenklich stimmen.

Meinen Radiowecker habe ich entsorgt. Und wenn ich ihn (was ich nicht mache) durch ein induktives Ladegerät ersetzen würde, auf welchem in der Nacht mein Smartphone läge (im Flugmodus natürlich!), dann bräuchte ich mir wohl keine Sorgen zu machen.

Zahnbürste

Die Zahnbürste – echt jetzt?

Nehmen wir uns mal zwei Zahnbürsten vor: Eine Braun Slim und eine Philips Sonicare. Die Philips strahlt mit 500 nT 30x stärker als die Braun. Man merkt schon in der Hand, dass die eine ganz andere «Antriebstechnik» verwendet. Wenn man sich die kurze Anwendungszeit bedenkt, wird es aber wohl ziemlich belanglos.

Ob ich eine Sonnenbrille aufsetze, um den Briefkasten zu leeren, beeinflusst meine Sehkraft hoffentlich auch nicht auf Dauer.

Das Elektroauto: Nun geben wir mal richtig Gas!

Jetzt wird es spannend: Renault Zoe 110 PS bei maximaler Leistungsentfaltung. Die Kunst besteht darin, einen kompletten Messzyklus hinzubekommen, ohne Ärger einzufangen. Eine Lösung besteht darin, immer wieder zu beschleunigen und zu bremsen (=rekuperieren). Macht man das lange genug, greifen sich zwar die anderen Verkehrsteilnehmer an den Kopf, aber die Resultate werden aussagekräftiger. Diese Messung muss vorsichtig betrachtet werden, weil im Elektroauto viele Faktoren die Strahlung beeinflussen können.

Renault Zoe

Gemessen wird im Fussraum beim Beifahrersitz, weil dort die stärkste Belastung im Fahrgastraum vorherrscht. Mit 200 nT liegt die Zoe ziemlich genau auf dem empfohlenen TCO99 Grenzwert. Selbst bei unüblicher Fahrweise also ziemlich unbedenklich.

Übrigens: Einmal ganz unabhängig vom EMF-Thema: Wir fahren den Wagen seit knapp 3 Jahren und würden ihn nicht mehr hergeben! Auch 5-jährig und bei km-Stand 100’000 bringt die Batterie noch 95% ihrer Nennkapazität.

Der Computerarbeitsplatz

Computer-Arbeitsplatz

An meinem ziemlich modernen Arbeitsplatz sind 10 elektrische Verbraucher in Betrieb. Darunter auch induktive Ladegeräte. Das Feld an der Position des Kopfes ist mit 3 nT sehr schwach.

Gehe ich zum Arbeitsplatz (eher Hobby ;-)) meines Sohnes, staune ich nicht schlecht: 2000 nT. PC und Licht ausgeschaltet, keine Ladegeräte in Betrieb. Wie kann denn das sein? Er hat irgendwo meine uralten PC-Lautsprecher gefunden, welche einen integrierten Netztrafo besitzen.

Und nun zu den zwei grössten Überraschungen:

Der ausgeschaltete Kochherd bewirkt an der Stehkante ein Feld von 1000 nT bei Netzfrequenz. Ich traue meinen Augen nicht. Mit dem Messgerät ist die Ursache allerdings schnell gefunden: Die Uhr! Offensichtlich wird die Versorgungsspannung der Elektronik mit einer Technologie erzeugt, welche massive Streufelder erzeugt, die den Minergiestandard beispielsweise um Faktoren übersteigen.

Kochherd

Ebenfalls in der Küche messe ich vor dem geschlossenen Kühlschrank 200 nT. Wenn ich ihn öffne, wird das Feld fast 10x kleiner. Auch hier ist die Erklärung sehr einfach:

Unser Kühlschrank besitzt einen Umluftventilator, der nur im geschlossenen Betrieb läuft. Die Wicklungen des Motors sorgen für dieses starke Magnetfeld.

Abgesehen davon, dass 200 nT vor dem Kühlschrank nicht problematisch sind, verhindert dieser Lüfter erfolgreich die Kondenswasserbildung, wodurch es deutlich länger geht, bis am Gemüse Schimmel entsteht.

Also durchaus eine gesunde Sache, welche einmal mehr zeigt, dass die Strahlendiskussion sorgfältig und im Kontext geführt werden muss!

Wer sich für die Strahlenbelastung und die entsprechenden Gesetze am Arbeitsplatz interessiert, findet dazu in diesem Beitrag die Parallelen zur Asbest-Thematik.

Elektrosmog ist zwar unsichtbar, aber messbar!

Leiden Sie selbst unter unerklärlichen Krankheitssymptomen und verdächtigen Elektrosmog? Oder wüssten Sie einfach gerne einmal, wo bei Ihnen zu Hause die Strahlungsquellen stecken? Hier finden Sie Ihre nächsten möglichen Schritte.

Patrick Ziegler
Patrick Ziegler

Unterstützt Unternehmen dabei, elektromagnetische Felder im Griff zu haben, für mehr Zuverlässigkeit und Sicherheit in ihren Produkten.

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