Störungen im Schaltschrank: EMV Schulung – 4 häufige Fehler

by | Mai 1, 2025

Für Elektrokonstrukteure und Planungsverantwortliche, die auf zuverlässige Systeme angewiesen sind.

Elektromagnetische Verträglichkeit (EMV) ist kein Add-on, das man am Ende eines Projekts «dazubaut». Wer EMV erst bei der Inbetriebnahme beachtet, hat meist das Nachsehen – in Form von Kommunikationsproblemen, instabilen Steuerungen oder unerklärlichen Anlagenstillständen.

Die gute Nachricht:
Viele dieser Probleme lassen sich vermeiden – durch vorausschauende Planung und eine EMV Schulung der beteiligten Personen. In diesem Beitrag betrachten wir vier besonders kritische Bereiche, die in der Praxis oft vernachlässigt werden.

Große Frequenzumrichter richtig platzieren

Mehr als nur ein Platzproblem – EMV-technisch eine Frage der Störvermeidung

Bei kleinen Frequenzumrichtern ist vieles schon gegeben: Von der Platzierung im Schaltschrank über relativ flexible Standardkabel bis zu den Schirmblechen.

Große FUs mit mehreren hundert Kilowatt Leistung stellen da eine ganz andere Herausforderung dar. Dabei ist es nicht nur eine Frage des Platzes, sondern vor allem der Felder und Störströme, die durch eine ungünstige Anordnung entstehen können.

Wo also platziert man den FU im Schaltschrank?

In diesem Beispiel wurde der FU so platziert, dass sowohl die Zuleitungen wie auch die Motorenleitungen auf der rechten Seite geführt werden müssen. Dies führt zu Störungseinkopplungen in die Netzleitung. Das im FU integrierte Netzfilter wird dabei unglücklich umgangen.

Diese drei Punkte sollten früh in der Planung berücksichtigt werden:

  • Netz- und Motorleitungen sollten räumlich getrennt verlaufen – idealerweise mit mindestens 20 cm Abstand. So vermeiden Sie störende Kopplungen.
  • Schirmkontaktierung: Der Schirmanschluss der Motorleitung sollte auf derselben Metallplatte montiert sein wie der FU – so nah wie möglich an den Klemmstellen.
  • Verdrillung: Netz- und insbesondere Motorleitungen müssen bis zum FU möglichst eng verdrillt geführt werden. Das minimiert magnetische Streufelder und reduziert Gleichtaktstörungen.

Schon ein einzelner schlecht platzierter FU kann Kommunikationssysteme im gesamten Gebäude stören – ganz gleich, wie hochwertig die Komponenten sind.

Montageplatten richtig verbinden

Wenn Schutzpotenzial ungenutzt bleibt

Montageplatten, Kabelkanäle und Schaltschränke sind in jeder Anlage vorhanden – doch nur wenige Konstrukteure schöpfen deren Potenzial als EMV-Schutz aus. Dabei ist die Anbindung dieser mechanischen Komponenten an das Massekonzept entscheidend. Im kostenlosen LiveHack wird dies an einem praktischen Experiment mit Kabelschirm und Kabelkanal demonstriert.

Was bei geteilten Montageplatten besonders zu beachten ist:

  • Die Masseverbindungen zwischen den Montageplatten müssen breit und kurz ausgeführt sein – und das nicht irgendwo, sondern gezielt an den richtigen Stellen: Dort, wo auch die restlichen Leitungen durchführen.
  • In den EMV Seminaren von Creafield erleben Sie live, wie ein um 30 cm versetztes Masseband massive EMV-Verschlechterungen verursachen kann.
  • Breitflächige und niederimpedante Verbindungen zwischen Montageplatten und Schrankgehäuse schaffen stabile Rückleitungen für hochfrequente Störströme.

EMV ist keine BlackMagic, sondern folgt klaren Regeln.
Wer diese verstanden hat, kann nicht nur robustere, sondern auch kostengünstigere EMV-Konzepte umsetzen.

Schaltschranktüren richtig erden

Stolperfalle bei elektrostatischen Entladungen

Wenn gefährliche Spannungen im Schaltschrank vorhanden sind, muss die Türe über einen PE-Anschluss geerdet werden. Das ist aber nur die halbe Wahrheit.
Aus EMV-Sicht ist eine Masseverbindung an nur einem Ort ungenügend.

Zwei typische Störquellen:

  • Schranktüren als Antennen: Wenn magnetische Wechselfelder (z. B. von großen FU-Leitungen) auf unzureichend verbundene Schranktüren treffen, können diese durch induzierte Spannungen wie Antennen wirken – und selbst Störungen abstrahlen.
  • ESD-Entladungen über Elektronik: Sind in der Tür aktive Komponenten wie Touchpanels verbaut, fließen bei elektrostatischen Entladungen Ströme durch empfindliche Elektronik. Das kann zu Störungen der Bedienpanels oder sogar Systemabstürzen führen.

Was hilft:

  • Mehrpunktverbindungen mit kurzen, niederimpedanten Massebändern – mindestens oben und unten an der Tür.
  • Massebänder sollten dort sitzen, wo Leitungen an die Tür geführt werden, um die Induktivität für den Ableitstrom gering zu halten.

Wer das berücksichtigt, schützt nicht nur die Elektronik, sondern reduziert auch die Abstrahlung hochfrequenter Störungen erheblich. In einer praxisorientierten Online EMV Schulung von Creafield lernen Elektrokonstrukteure, wie dies mit einfachen Mitteln realisiert werden kann.

Risiken modularer Montagesysteme (z. B. Lütze Airstream)

Flexibilität mit Tücken

Modulare Schaltschranksysteme wie Lütze Airstream erfreuen sich großer Beliebtheit – zurecht, denn sie bieten zahlreiche Vorteile:

  • Kostenersparnis bei Montage und Verdrahtung
  • Bessere Belüftung
  • Ordnung und Übersicht
  • Erleichterte Fehlersuche

Doch aus EMV-Sicht bergen sie Risiken, die Planer kennen sollten:

Drei kritische Punkte:

  • Mangelhafter Rückweg für Störströme: Zu jeder Leitung gehören auch hochfrequente Rückströme. Diese können – je nach System und Installation – von harmlos bis vernichtend sein.
  • Wohin mit dem Schirmanschluss?: Ein sauberer 360°-Schirmanschluss mit kleiner Impedanz zur Masse ist schwerer umzusetzen, wenn keine durchgehende Montageplatte vorhanden ist.
  • Schleifen und Störflächen: Je freier die Verdrahtung, desto eher entstehen große Schleifenflächen, über die Störströme abstrahlen oder einkoppeln können.

Damit es trotzdem klappt

  • Vorsicht mit FUs: Auf einem Schienensystem sollten nur FUs montiert werden, die einen direkten Schirmanschluss haben und ein integriertes Netzfilter besitzen.
  • Störbehaftete Leitungen nicht frei verlegen. Entweder abschirmen oder entlang der Schienen führen.
  • Sicherstellen, dass jede Schiene beidseitig grossflächig mit dem Montagerahmen verbunden ist.
  • Signale und Leistungskabel konsequent trennen und mit viel Abstand führen
  • Zusammengehörende Leitungen miteinander verdrillen

Fazit

Modularität und EMV schließen sich nicht aus – aber sie erfordern ein durchdachtes Konzept.

EMV-gerechtes Planen spart Zeit, Geld und Nerven

Als Elektrokonstrukteur oder Planungsverantwortlicher tragen Sie entscheidend zur EMV-Güte einer Anlage bei. Wer in der Planungsphase…

✅ Frequenzumrichter sinnvoll platziert,
✅ Montageplatten richtig verbindet,
✅ Schranktüren richtig erdet und
✅ modulare Systeme mit EMV-Brille betrachtet,

…legt den Grundstein für eine störungsarme, robuste und betriebssichere Lösung.

📚 Vertiefung im Online Praxis-Seminar

Im EMV-Praxis-Seminar erleben Sie online oder vor Ort an realen Frequenzumrichtern und Motoren, worauf es wirklich ankommt – ideal für Elektrokonstrukteure, Automatiker und EMV-Verantwortliche aus dem Maschinen- und Anlagenbau.

Sie glauben nicht, dass man EMV online lernen kann? Dann schauen Sie sich den kostenlosen LiveHack an. Entstörung eines FU in 15min. So geht EMV.  

Patrick Ziegler

Unterstützt Unternehmen dabei, elektromagnetische Felder im Griff zu haben, für mehr Zuverlässigkeit und Sicherheit in ihren Produkten.

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